Im Jahr von Corona ist alles anders als sonst. Lange überlegten wir hin und her, wie wir die Anreise nach Sizilien in Angriff nehmen sollen. Flugzeug, Bahn oder PKW mit der Fähre ab Genua oder Livorno standen zur Diskussion. Letztendlich entschieden wir uns für die schnellste Möglichkeit. Unter dem Motto – Chopf abe und durä – bestiegen wir im fast leeren Flughafen Zürich Kloten den Swiss Flieger nach Palermo.
Route: Capo d’Orlando – Marina di Ragusa
Distanz: 250 sm (463 km)
Zeitraum: 24.08.2020 – 13.09.2020 (20 Tage)
Dort wartete auch schon unser gebuchter Transfer zur Marina Capo d’Orlando. In der Marina angekommen hielten wir Ausschau nach Yemaya. Sie verbrachte die letzten zwei Monate auf der Werft für den Antifouling Anstrich und sonstigen kleineren Unterhaltsarbeiten. Ahh dort steht sie! Aber wieso immer noch in der Werft und nicht an einem Liegeplatz in der Marina? Noch bevor die Frage fertig gestellt war, beobachteten wir wie drei Werftarbeiter Yemaya enterten, und sie souverän an den zugewiesenen Liegeplatz manövrierten. Wir waren halt einfach einen Tick zu früh angekommen. Sehr zu unserer Freude stellten wir fest, dass Yemaya in den letzten Monaten super gepflegt wurde. Was für ein guter Start in die Ferien, ‘Grazie Mille Fabio und Team! ’
Wie wohl wir uns auch in Capo d’Orlando gefühlt haben, noch mehr Zeit wollten wir nicht in der Marina verbringen. Uns zog es zu den vorgelagerten Äolischen Inseln, und später zum neuen Liegeplatz an der Südküste von Sizilien, in die Marina di Ragusa.
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Nachdem wir die Äolischen bereits im vergangenen Jahr bereist hatten, war es diesmal ein Wiedersehen mit Varianten. In Salina ruderten wir von unserem einmalig schönen und einsamen Ankerplatz mit unserem Dinghi an Land, um die weltbekannten Salinas-Kapern zu kaufen. Die Kapern werden in Salz eingelegt und gehören zu den ganz grossen Spezialitäten der Region. Genüsslich degustierten wir sie bei unserem Aperitivo. Hmm…Entweder haben wir die Falsche Sorte erstanden, oder unser Geschmacksinn ist zu wenig auf die lokale Küche eingestellt. Jedenfalls konnten wir den grünen salzigen Dingern nicht allzu viel Gutes abgewinnen. Dann doch lieber Chips und Tapenade-Brötchen als Appetitanreger. Nach einem Abstecher nach Panarea inkl. einer netten Wanderung machten wir noch einen letzten Stopp in Lipari, bevor wir die Segel in Richtung der Strasse von Messina setzten.
Dieses Jahr wollten wir Lipari auch von Land aus entdecken, und mieteten daher für einen halben Tag ein Auto. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Der einzige noch verfügbare Mietwagen war ein Cabriolet. Perfekt, dachten wir… Doch die offensichtlichen Mängel zeigten sich schon bei der Annäherung an den kleinen Mietwagen. Blieb nur zu hoffen, dass der Wagen besser fährt als er aussieht. Doch der Motor und die Bremsen funktionierten, was will man also mehr? Jeder andere Schnickschnack wird für ein Inselauto klar überbewertet! Ein Nachmittag reichte völlig aus um eine Runde um die Insel zu drehen, und ganz neue Eindrücke zu erhalten.
Immer wieder offenbarten sich uns super Aussichtspunkte und schöne Möglichkeiten um zu Verweilen. Die Hauptstrasse führte uns auch mitten durch das stillgelegte Bimssteinwerk im Norden der Insel mit dem abschliessenden Höhepunkt, dem alten Observatorium am Südzipfel. Von hier hat man einen spektakulären Blick hinunter auf die grandiose Küste, hinüber zum schwefelspuckenden Vulkan auf Vulcano und im Hintergrund auf Sizilien. Den Sonnenuntergang von hier oben miterleben zu können, müsste genial sein.
Wir wollten aber lieber noch einmal in einem unserer Lieblingsspots, den Faraglioni Felsen, ankern und das Sonnenuntergangsspektakel von Bord aus geniessen. Traumhafte Sonnenuntergänge haben wir schon zu Hauf gesehen. Doch dieser gehörte zu einem der Eindrucksvollsten. Die Sonne setzte ihren Abgang richtig in Szene. Lediglich der nachfolgende Applaus einer französischen Yacht nach dem Spektakel störte die Ruhe und Erhabenheit in der Bucht. Der Jubel war jedoch absolut gerechtfertigt. Bonne nuit mes amis!
Anderntags traten wir den Weg in Richtung der Strasse von Messina an. Wir wollten uns ausgeruht in den Kampf mit ‘Skylla und Charybdis’ (https://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/odysseus-fuer-eilige-skylla-und-charybdis) stürzen, und daher legten wir noch eine geruhsame Nacht vor Milazzo ein. Dafür winkte als Belohnung noch einmal ein grandioser Blick auf die Insel Vulcano. Mangels Wind motorten wir am kommenden Morgen voller Tatendrang früh gen Osten. Die sagenumwobene Strasse von Messina zeigte sich jedoch zahm, und weder von Skylla noch von Charybdis war etwas zu sehen noch zu hören. Lediglich ein einzelner Schwertfischer mit seinem eindrücklich hohen Ausguck versuchte sein Fischerglück in Küstennähe. Irgendwann nach der Einfahrt in die schmale Meerenge zwischen dem italienischen Festland und Sizilien kam dann doch noch etwas Wind auf, und die Segel wurden gesetzt. Gegen Abend, gerade noch rechtzeitig zum Aperitivo legten wir uns an eine Boje am Fusse eines absoluten Sizilien Höhepunktes. Taormina! Was kann man hier alles entdecken. Geschichte, Gastronomi und eine super Aussicht. Wir hatten Taormina bereits früher zwei Mal besucht und genossen jetzt den Anblick vom Meer aus auf die hoch oben thronende Stadt.
Am Folgetag, nach einer angenehmen Nacht an der Boje, erreichten wir einen weiteren der geplanten Hotspots unserer Reise: Syracusa! Beim Passieren von Augusta konnten wir mehrere «Corona bedingt» geparkte MSC Kreuzfahrtschiffe sehen. Auch in Syracusa lag eines dieser Ungetüme, ein Kreuzfahrtschiff der ‘Norwegian Cruising Line’ vor Anker. Wir parkierten Yemaya im Yachthafen und machten uns bei bestem Wetter sogleich auf, die berühmte Altstadt zu erkunden. Diese befindet sich auf der Halbinsel Ortigia, gar nicht weit von vielen bekannten griechischen Ausgrabungen entfernt. Selbstverständlich durfte auch eine Tour (Corona konform alles mit Maske) in den archäologischen Park Neapolis Syrakus (https://sizilien.viva-italia.it/Ausgrabungen/Syrakus_Neapolis.php) nicht fehlen.
Syrakus ist die viertgrößte Stadt Siziliens nach Einwohnerzahl. Ihr Name leitet sich von dem sikulischen Syraka ab, was so viel bedeutet wie „wasserreiche Stadt“. Was vor tausenden von Jahren bestimmt seine gerechtfertigte Bedeutung hatte, scheint sich leider auch ausgerechnet dieses Jahr zu bewahrheiten. Nach den ersten zwei angenehmen Sommertagen zog eine unberechenbare Wetterfront auf. Regen und Starkwind standen plötzlich auf der Tageskarte wie die Spaghetti und Arancini der unzähligen Ristoranti. Wir hatten ja (noch) Zeit, genossen die paar Tage und machten das Beste daraus. Ganz grossartig war zum Beispiel der Ausflug mit der Bahn nach Noto dem UNESCO Weltkulturerbe.
In der Zwischenzeit baute sich der Sturm ‘Ianos’ zu einem Medicane (Wirbelsturm im Mittelmeer, https://de.wikipedia.org/wiki/Medicane) auf, und zog seine zerstörerische Bahn entlang der griechischen Küste. Die Ausläufer bekam die Seglergemeinde ganz schön zu spüren. Dieses Wetterphänomen kostete uns dann etliche Tage die wir eigentlich ganz am Südzipfel Siziliens noch mit Ankerbummeln verbringen wollten. Nachdem sich der Medicane endlich nach Osten verzogen hatte, war für uns die Zeit gekommen um weiterzuziehen.
Ein Zwischenstopp im alten Thunfischfangort Marzamemi dauerte wetterbedingt aber auch eine Nacht länger als geplant, und unsere Ferienzeit wurde langsam knapp. Dafür lernten wir Lupita und Martin von der FuturoDos kennen, radelten mit rostigen Fahrrädern in den sehenswerten kleinen Ort, und durften das Auto des Hafenmeisters für den Einkauf im etwas abseits gelegenen Supermarkt benutzen.
Endlich hatten sich Wind und Welle etwas beruhigt. Die Zeit drängte und wir wollten für unsere letzte Etappe bis zur neuen Basis in Marina di Ragusa das Optimum rausholen. So verliessen wir nachts, um 4 AM in Schleichfahrt dem Hafen. Leider haben wir vor lauter Konzentration und bei absoluter Dunkelheit ein wichtiges navigatorisches Details ausser Acht gelassen. So motorten wir schnurstracks und völlig unvorbereitet mitten in eine grosse Unterwasser-Fischfarm, welche auf unseren Seekarten etwas westlicher eingezeichnet war. Auf den letzten Drücker konnten wir eine Kollision verhindern, da ging der Puls ganz schön steil in die Höhe. Um Haaresbreite sind wir auf dem letzten Teil der Reise knapp einer üblen Situation entgangen. Nachdem wir der Fischfarm entkommen waren, gestalteten sich die folgenden Stunden sehr entspannt und wir erreichten unseren neuen Heimathafen für ein Jahr, die Marina di Ragusa am frühen Morgen.
Kaum war Yemaya an ihrem Liegeplatz vertäut, begannen auch schon die Aufräumarbeiten. Am kommenden Tag ging unser Flug nach Hause. Uns bleib also nicht viel Zeit, um den Bus nach Catania zu erwischen. Unser eingespieltes Team lief auf Volltouren und schon bald sassen wir im Taxi, welches uns nach Ragusa zum Busterminal brachte. Von dort ging es flott nach Catania, wo wir noch eine letzte Nacht auf der Vulkaninsel verbrachten, bevor wir anderntags zurück in die Schweiz flogen.
Nun befinden sich Yemaya mit Crew in Südsizilien. Wir fragen uns gespannt was uns das nächste Jahr wohl bringen wird. Und du?
Salute und Griessli
Patrizia + Thomas