Mit Cartagena verliessen wir das spanische Festland und machten einen kleinen Schwenker zu den Balearen. Von den Inseln ging es anschliessend auf direktem Weg nach Barcelona und ins Herz von Katalonien. Was wir während dieser letzten Etappe auf dem Wasser und an Land alles entdeckt und erlebt haben, möchten wir dir in unserem 10. Reisebericht erzählen.
Route: Cartagena – Barcelona (Castelldefels)
Distanz: 417 sm (772 km)
Zeitraum: 26.08.2012 – 18.09.2012 (24 Tage)
Bevor wir jedoch unsere letzte Etappe in Angriff nahmen, wollten wir die ehemalige kartesische und römische Stadt Cartagena mit ihren Sehenswürdigkeiten entdecken.
Als Erstes durchstreiften wir die engen Gassen der Altstadt die fast unmittelbar hinter dem Hafen beginnen. Es war erstaunlich ruhig dort und trotz dem Schatten den die alten Häuser spenden unglaublich heiss. Daher verzichteten wir vorerst auf den beschwerlichen Aufstieg zur Burg „La Conception“ oder dem römischen Theater. Überhaupt waren nur wenige Touristen in den Gassen anzutreffen, die Spanier zogen vernünftigerweise ihre geliebte Siesta vor. Bei vielen Häusern am Fusse des Burghübels mussten die Fassadenmit Gerüsten gestützt werden, damit sie nicht zusammenfielen.
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Beim genaueren Hinschauen bemerkten wir das oft überhaupt nur noch die Fassade dastand. Der Rest des Gebäudes wurde abgerissen und befindet sich nun im Wiederaufbau. Nach einem ersten Rundgang durch die schöne Altstadt beschlossen auch wir uns für eine kurze Siesta auf Dschinni zurück zu ziehen. Am Freitag starteten wir dann zur eigentlichen Stadtbesichtigung mit anschliessendem Grosseinkauf im leider nicht ganz in der Hafennähe gelegenen Mercadona Supermarkt. Bevor wir allerdings die schweren Einkaufstaschen durch die halbe Stadt schleppten, stärkten wir uns bei einem Mittagessen in der mit Marmor belegten Calle Mayor und schauten dem geschäftigen Treiben zu. Den Besuch des Castel und des römischen Theaters verschoben wir erneut auf den nächsten und den letzten Tag unseres Aufenthalts in Cartagena. Tags darauf zeigten sich bei dem Spaziergang hinauf zur Burg „La Conception“ immer wieder neue Ein- und Ausblicke auf die Altstadt, den Hafen und das gebirgige Umland. Nun konnten wir auch die Rückseite der freistehenden alten Fassaden sehen und einen Blick auf die Marinebasis der spanischen Marine werfen. Grössere
Kriegsschiffe lagen nicht im Hafen, dafür wurden wir an einem Abend während unserem obligaten Apéro mit der Einfahrt eines
U-Bootes belohnt. Das war vielleicht ein überraschender Anblick! Nach dem schweisstreibenden Aufstieg zur Burg folgte der gemütliche Rückweg vorbei am römischen Theater und dem prächtigen Rathaus. Ein Spaziergang der sich sehr gelohnt hat, fanden wir, auch wenn die hochsommerlichen Temperaturen uns schon etwas zu schaffen machten. Unser letztes Abendessen vor dem Aufbruch am kommenden Tag genossen wir auf einer alten ausgedienten Fähre die als Freiluftrestaurant umgebaut war. Dann war unser Aufenthalt in Cartagena schon wieder vorbei und es blieben nur noch die Standardarbeiten übrig wie Wassertanks füllen, sämtliche elektronischen Geräte (Handys, Fotoapparate, MP3-Player etc.) laden, den Liegeplatzbezahlen und zum x-ten Mal von einem weiteren schönen Ort Abschied zu nehmen.
Nach einem ausgiebigen Frühstück am kommenden Morgen liessen wir Cartagena achteraus. Noch bevor wir den vorgelagerten Industriehafen erreicht hatten, konnten wir die Segel setzten und Am Wind aus dem tiefen Landeinschnitt hinaus segeln. Der Wind kam später dann von Ost-Nord-Ost, was auch in etwa unserem direkten Kurs entsprach, doch mit der Hoffnung, dass er wie gemeldet mehr nach Ost bis auf Süd-Ost drehen würde, segelten wir genüsslich der allgemeinen Richtung Balearen entgegen. Die ganze Segelfreude wurde einzig durch den ziemlich starken Schwell getrübt der unsere Fahrt bremste und Dschinni immer wieder zu eigenartigen Bewegungen verhalf. Doch leider und wie schon befürchtet drehte der Wind nicht in die erhoffte Richtung, stattdessen schlief er am Abend vorübergehend fast gänzlich ein. Um der Dünung nicht ganz ausgeliefert zu sein, starteten wir den Motor und liefen für ein paar Stunden mit dem Krachmacher durch die dunkle Nacht in Richtung Ibiza weiter. Unser Autopilot erledigte seine Aufgabe tip top, und so konnte immer einer von uns versuchen ein paar Stunden zu schlafen. Man stelle sich vor wie es sich anfühlt, wenn kein Lufthauch geht, die Sonne den ganzen Tag das Boot aufheizt und dazu eine hohe Luftfeuchtigkeit herrscht. Da hatten wir wirklich das Gefühl als könne man die Luft in der Vorkoje (Schlafplatz von Thomas) quasi abschneiden. Leider kühlt es auch nachts nicht wirklich ab. So geschah es, dass mitten in der Nacht während Patrizia’s Wache, sich der gequälte Thomasdazu hinreissen liess die Decksluke etwa 2 cm zu öffnen um wenigstens ein klein wenig schlaffördernde Zirkulation in seine Koje zu bringen. Das Luk wurde durch das aufgebundene Dinghi abgedeckt. Dies gab Thomas das Gefühl, dass es schon einer Monsterwelle bedürfe damit etwas Wasser den Weg ins Boot finden würde. Doch man ahnt es bereits; es waren noch keine 5 Minuten vergangen, da kam sie dann die Monsterwelle von „sagenhaften“ 50 cm. Höhe und ergoss sich über den Kopf des Skippers. Um es kurz zu machen, Thomas wurde buchstäblich im Schlaf überrascht und reagierte verständlicherweise fuchsteufelswild. Er war enorm wütend, auf die vermaledeiten Wellen natürlich, aber am meisten auf sich selbst. Nicht nur er, sondern auch ein Teil vom Bett war vom Salzwasser pflotsch nass und musste so rasch als möglich klariert werden. Mitten in der Aufräumaktion und während des Kleiderwechselns, musste aber unglücklicherweise noch ein spontanes Ausweichmanöver von Patrizia gefahren werden. Da wir mittlerweile wieder unter Segeln liefen, brauchte sie die Mitwirkung des leidgeprüften Skippers. Ein echter Indianer kennt keinen Schmerz, und so sah man den immer noch salzgeduschten Skipper im Adamskostüm (aber ohne das Blatt) ziemlich genervt aber dafür hocheffizient mit der Winschkurbel die Genua und das Grossegel dicht hohlen. Es war ja eine stockdunkle Nacht und die Angst vor Paparazzo bestand auch nicht ernsthaft. Patrizia wagt es nicht lauthals loszulachen um die Stimmung nicht noch mehr in den Keller zu befördern.
Aber der Anblick war einfach köstlich! Die verbleibenden Seemeilen bis zu unserer reservierten Boje bei Espalmador (Insel zwischen Ibiza und Formentera) ging dann aber ruhig und geordnet zu Ende. Bei Espalmador wurden aus Naturschutzgründen (http://lifeposidonia.caib.es/user/index_en.htm) feste Bojen ausgebracht die per Internet reserviert werden können, was wir auch im Voraus getan haben. Leider gibt es aber überall Ignoranten die glauben die Welt gehört alleine ihnen, so auch die Bojen die zu dieser Stunde noch frei sind. Und so kam es, dass unsere Nummer 14 bei unserer Ankunft bereits belegt war. Die spanischen „Übeltäter“ waren ganz nett und versprachen sofort das Feld zu räumen sobald die Boje die sie selbst reserviert hatten, von einem anderen spanischen Besetzerfrei gegeben würde. Das Drama begann: während wir also geduldig kreisten, fuhren vier Männer mit dem Dinghi zu dem Boot welches ihre Boje belegt hatte. Die Verhandlung war aber nicht von Erfolg gekrönt und zu allem Überfluss gab der Aussenborder der Vier auf dem Rückweg noch temporär den Geist auf. Wieder beim Boot zurück wurde die Taktik geändert. In ihr Dinghi stieg eine attraktive mit einem farbenfrohen Bikini bekleidete Spanierin und brauste mit dem wieder funktionstüchtigen Dinghi erneut zu dem Übeltäter um diesen abermals dazu zu bewegen die Boje freizugeben. Wir kreisten immer noch, mittlerweile schon nicht mehr so geduldig. Zum Glück tauchte dann endlich der bereits vermisste Parkwächter vor Ort auf, klärte die Situation und auch der fehlbare Skipper war bemüht so rasch wie möglich die Boje frei zu geben. Nach der 30- stündigen
Überfahrt von Cartagena und 1.5 Stunden Kreisen in der Bucht konnten wir dann doch endlich festmachen und auf unsere Ankunft auf den Balearen anstossen. Der folgende Tag gehörte dem Faulenzen und dem Erkunden der Miniinsel Espalmador. Wir machten unser Dinghi klar und tuckerten zum Traumstrand. Bisher präsentiere sich uns Espalmador immer nur verlassen, weil wir nie in der Hochsaison hier waren. Deshalb waren wir auch ziemlich überrascht über die vielen Menschen die sich am rosafarbenen Strand tummelten. Immer wieder kamen uns Leute entgegen die von Kopf bis Fuss mit einer dicken grauen Schlammschicht überzogen waren. Auch viele FKK-Anhänger zeigten sich. Neugierig machten wir uns auf die Suche nach dem Schlammloch. Der Weg war einfach zu finden, wir mussten nur den grau zubetonierten Leuten entgegenlaufen. Wir fanden das Loch tatsächlich, mussten uns aber ernsthaft fragen welche Motivation die Leute hatten, dass sie sich in dem (übrigens verbotenen) Schlammloch wälzten. Offenbar waren sie der Meinung, dass die Kruste die Unzulänglichkeiten des meistens nicht gerade schlanken Körpers ausgleicht. Doch weit gefehlt, uns schaudert… die graue Masse modelliert perfekt und zeigt schlicht Alles! Wie auch immer, wir kehren mituntadeligem Badeanzug und nur mit unserer schön gebräunten Haut zurück zu Dschinni:-) . Anderntags hiess es früh raus aus der Koje den wir wollen unser Ziel Palma de Mallorca möglichst noch bei Tageslicht erreichen. Also verliessen wir um 05:00 Uhrmorgens als erstes Schiff die wunderschöne Bucht von Espalmador und setzten Kurs nach Mallorca.
Nach einer eher ereignislosen Überfahrt, knapp vor Einsetzen der Dämmerung konnten wir an unserem zugewiesenen Platz im königlichen Hafen Real Club Nautico in Palma festmachen. Wir bekamen einen Platz zwischen einer etwa 20 Meter langen Rennjachtmit dem passenden Namen „Container“ und einer etwa gleich langen Luxus-Motorjacht. Irgendwie fühlten wir uns schon ein wenig verloren zwischen den zwei Riesen. Aber was soll es, Hauptsache wir sind in Palma, das Plätzchen ist herrlich ruhig und wir können uns mit Patrizia’s Bruder Ruedi und Jörg verabreden, die für eine Woche in Soller Feriengeniessen. Wir waren ja schon oft auf Mallorca in Urlaub, doch das Pflichtprogramm, das Fahren mit dem historischen Zug von Palma bis in das Tal der Orangen nach Soller, hatte bisher in unserer Sammlung noch gefehlt. Das wollten wir schleunigst ändern, und so fuhren wir gemütlich mit dem altertümlichen Zug die herrliche Strecke zu den zwei Urlaubern nach Soller. Wir verbrachten den Nachmittag mit den beiden mit einer Besichtigung der Stadt, einem feinen Mittagessen und viel Tratsch. Dabei gelang es uns die zwei Landratten für einen ersten Segeltörn zu motivieren. Prompt war der folgende Segelausflug in die Bucht von Palma am nächsten Tag weder von schönem Wetter noch guten Windbedingungen begleitet. Schade, aber wir mussten den gemütlichen Ankeraufenthalt sausen lassen und nach zwei Stunden wegen einsetzendem Regen wieder umkehren. Das anschliessende „Iberische Zvieri“ an Bord fand dann aber schon wieder bei Sonnenschein statt. Der Einsatz der beiden Leichtmatrosen beim Setzten der Segel wurde durch genüssliches Zulangen am Cockpittisch wieder kompensiert.
Eigentlich hatten wir geplant unsere Reise bald via die Insel Cabrera und anschliessend der Ostküste entlang fortzusetzen. Aber das Wetter wurde immer unbeständiger und dazu kam ein äusserst starker Mistral der es verunmöglichte die schönen östlichen Buchten anzulaufen. Deshalb beschlossen wir kurzerhand noch ein paar Tage Palma zu geniessen und abzuwarten wie sich das Wetter entwickeln wird. Dabei erreichte uns eine Mail von Marina die mit ihrem Boot «Via con me» in Arenal im Hafen liegt. Marina ist eine Seglerkollegin die ebenfalls die ARC 2011 mitgemacht hat, und die wir unterwegs zurück nach Europa immer wieder mal angetroffen haben. Um uns ein wenig Bewegung zu verschaffen mieten wir Fahrräder und radeln entlang der Bucht von Palma auf dem Radweg nach Arenal. Die tollen Aussichten unterwegs überraschen uns, und auch Marina ist freudig überrascht über unser spontanes Auftauchen. Verständlicherweise waren unsere Beine ziemlich schwer nacheinem Nachmittag mit viel Tratsch und Weisswein als wir die 1-stündige Rückfahrt nach Palma unter die Rädernehmen mussten. Wieder ausgeschlafen setzten wir am nächsten Morgen den Kurs nach Santa Ponsa ab und liessen dort unseren Anker das letzte Mal auf dieser Reise fallen. Noch einmal im warmen Wasser schwimmen, die mittlerweile wieder auferstandene Sonne geniessen, und es uns einfach nur gut gehen lassen, war das Motto der letzten Tage. Dazu gehörte auch der freudig erwartete Besuch des Restaurants „Da Vinci“ im Hafen von Santa Ponsa. Die Enttäuschung war aber gross als wir feststellen mussten, dass anscheinend vor nicht allzu langer Zeit der Besitzer gewechselt hatte und der Nachfolger das gute Restaurant erfolgreich in den Ruin geführt hat. Also zurück auf Feld eins (mit dem Dinghi) und schauen was der ziemlich leere Kühlschrank noch hergibt.
Unsere Zeit lief immer schneller ab, wir hatten ja den Krantermin am Festland. Irgendwie fühlte es sich langsam so an als wenn wir nur das Ende herauszögerten. Doch wir wollten ja auch noch die restlichen Tage bis zu unserer Rückkehr in die Schweiz mit Ausflügen rund um Barcelona bereichern. Also setzten wir ein letztes Mal auf unserer Reise die Segel und peilten unsere Enddestination, den Hafen Ginesta (ca. 15 km südlich von Barcelona), an. Die Idee noch eine Nacht bei San Telmo zu verbringen liessen wir wieder fallen, denn der Schwell war extrem ungemütlich (diese Erfahrung hatten wir früher schon gemacht). Darum zogen wir es vor nach einem letzten feinen Lunch vor Anker (bzw. Boje) und einem Schwumm im Meer gleich weiter Richtung unserem endgültigen Ziel zu segeln.
Die ersten Stunden liefen wir noch unter Motor bis endlich ein schöner Wind aufkam der uns in 19 Stundennach Ginesta brachte. Alles lief bestens bis wir etwa eine Stunde vor dem Ziel einer Fischermarkierung ein wenig zu nahe kamen. Dies hatte zur Folge, dass wir ein Stück Styropor an einem Nylonfaden hinter uns herzogen. Beim Versuch uns von dem Teil zu befreien, riss auf einmal die Schnur und weg war unsere Begleitung. Mit der Ungewissheit was wir nun wohl alles nachziehen, brachten wir die wenigen verbleibenden Seemeilenhinter uns. Der Albtraum jedes Seglers tritt dann prompt ein als wir kurz vor dem Hafen den Motor starten wollten: es war dann nämlich lediglich ein unmotiviertes Schleifen zu vernehmen. Doch immerhin liess er sich nach dem zweiten oder dritten Versuch starten. Nochmal Glück gehabt! Hmmm, hat sich doch was Gröberes Inder Schraube verhängt, und was mag das wohl sein (eine dunkle Ahnung drängt sich auf)? Jedoch so kurz vor dem Ziel wollten wir uns nicht mit so nebensächlichen Fragen befassen, und so motorten wir zügig in den Hafen und machten an unserem zugewiesenen Platz fest. So sind wir nun also angekommen, am Ende unserer „Traumreise“…
Bevor wir aber zurück in unsere Heimat fliegen, wollen wir uns drei Ausflüge nichtentgehen lassen. Zuerst wollen wir das Hinterland der Costa Brava, erkunden, anschliessend reizt ein Besuch in dem hoch in den Pyrenäen gelegenen Andorra (keine Ahnung wieso wir ausgerechnet auf diese Idee kamen) und als Abschluss genehmigen wir uns noch eine Fahrt durch das Weingebiet des Penédes. Doch bevor wir mit all den Ausflügen loslegen konnten, wollten wir Dschinni einer gründlichen und nötigen Reinigung unterziehen. Dazu wurde auch die Achterkoje mit all den Ersatzsegeln, dem Blister, den Ersatzankern und allem sonstigen Gerümpel auf den Steg geschleppt und aussortiert. Das gab richtig Platz im Boot. Genau das war auch der Grund warum der grosse Segelsack mit unserem Piraten Blister auf dem Steg stehen blieb. Und das etwa zwei Tage lang. Bis wir auf einmal feststellten, dass der grosse weisse Sack fehlte. Super dachten wir, da fährst du ein riesiges Segel ein Jahr lang rund um den Atlantik spazieren, und ausgerechnet am Ende wird es durch irgendjemanden (fachgerecht) entsorgt/gestohlen. Wir griffen nach dem einzigen Strohhalm und erkundigten uns mit unseren beschränkten Spanischkenntnissen im Marina Büro über den Verbleib des nicht gerade zu übersehenden Sackes. Natürlich wussten die von nichts, aber sie schickten uns einen Marinero vorbei, der möglicherweise eine Idee hätte. Glücklicherweise hatten wir noch einen identischen Segelsack den wir dem Marinero zeigen konnten um sämtliche Unklarheiten zu beseitigen. Als dieser dann mit dem Fahrrad angebraust kam und den Sack sah, wurden die Augen gross und er musste grinsen. Ja Ja den Sack kenne er, und er könne uns versichern, er sei an einem „Safe place“. Ich könne ihn beim Büro der Marineros am anderen Ende der Marina abholen, sein Kollege erwarte mich. Skipper Thomas fährt also mit gemischten Gefühlen mit dem Auto dort vor. Der (wissend?) lächelnde Marinero empfängt ihn und überreicht ihm den vermissten Blistersack. Warum das Segel auf einmal am anderen Ende der Marina auftaucht bleibt für uns ungeklärt. Allerdings hatten wir den Eindruck, dass das grosse Segel ganz gut anderweitig Verwendung gefunden hätte.
Uff, nun hatten wir alles wieder komplett zusammen und wir konnten mit unseren Ausflügen starten. Als Erstes besuchten wir im Hinterland der Costa Brava (Katalonien) das nicht ganz 3000 Einwohner zählende Dorf Pals. Pals kommt vom lateinischen Palus und bedeutet so viel wie Sumpfgebiet. Beim Schlendern durch die historischen Gassen fiel uns auf, dass fast alle Häuser mit der sogenannten „Senyera“ der Flagge der Katalanen geschmückt waren. Aber nicht nur in Pals, auch in Peratallada, Besalu und überhaupt überall in der ganzen Region waren diese Flaggen allgegenwärtig. Über den schon fast übertriebenen patriotischen Flaggenschmuck rätselten wir, fanden aber nicht auf Anhieb eine Antwort. Aber es fiel uns auf unserer Weiterreise durch das Hinterland Kataloniens auf, dass auch in den Gewerbe- und Industriegebieten kaum Betrieb herrschte. Ist die Krise so heftig in Spanien angekommen? Sicherlich ist sie dies, doch der wahre Grund für die Beflaggung lag wie wir doch noch herausfanden daran, dass am 11. September der katalonische Nationalfeiertag begangen wird. Und die Katalanen sind nun mal ein sehr patriotisches Völkchen…Also dieses Rätsel wäre mal gelöst, nun wollten wir uns überraschen lassen was uns der Bergstaat Andorra zu bieten hat. Ziel war es eine schöne Wanderung in den Pyrenäen zu unternehmen, und etwas mehr von diesem uns unbekannten Land kennen zu lernen.
Wenn man mit dem Auto durch die fast menschenleeren spanischen Pyrenäen fährt und über den Zoll kommt, erlebt man fast einen Kulturschock. Zumindest ging es uns so…Wir werden empfangen von einem engen, schlauchartigen Tal vollgepackt mit Shoppingcentern, Tankstellen und architektonisch eher fragwürdigen Bauten. Andorra gilt als das Einkaufsparadies bei Franzosen und Spaniern, weil angeblich alles zollfrei sein soll. Natürlich sind in der Hauptstadt Andorras „La Vella“ dieselben Läden anzutreffen wie in Paris und Barcelona, nichts Neues also. Wir fragten uns wie sich eigentlich zollfrei und die EU verträgt. Nun die Lösung ist einfach, Andorra ist zu unserer grossen Überraschung kein Mitglied der EU. Überhaupt zeigt sich das politische Systemausserordentlich komplex und für uns ungewohnt. So wird das Amt des Staatsoberhaupts von zwei Personen geteilt. Zum einen vom aktuellen französischen Präsidenten (derzeit Francois Holland) zum anderen vom jeweiligen spanischen Bischof von La Seu d’Urgell (aktuell Monseigneur Joan EnricVives i Sicília). Diese zwei Personen üben jedoch eine rein repräsentative Aufgabe aus und haben einzig ein Vetorecht bei auswärtigen Angelegenheiten. Ein weiteres Unikum welches wir nicht mehr gewohnt waren: in den Restaurants darf noch geraucht werden! Das und die allgegenwärtigen Abgase in der einzigen verstopften Hauptstrasse trugen nicht gerade dazu bei, dass wir Seeleute uns hier sonderlich wohl fühlten. Doch wir warenbestimmt nicht zum Shoppen angereist, sondern weil wir in den Pyrenäen wandern wollten. Mit dem Mietautofuhren wir darum in eines der hochgelegenen Täler, vorbei an Skiliften und vor allem geschlossenen Hotels und Restaurants. Allem Anschein nach findet die Hochsaison hier hauptsächlich im Winter statt. Andorra liegt nur rund 2.5 Stunden von Barcelona entfernt und ist bei den Spaniern somit eine beliebte Skidestination. Unsere Wanderung führte auf rund 2000 müM durch den Naturpark von Sorteny. Es hat uns wirklich Spass gemacht wieder einmal über Stock und Stein zu wandern und die frische Bergluft einzuatmen. Eine nette 3-stündigeAbwechslung… Die weiteren Ausflüge in die wenigen höher gelegenen Gebiete Andorras waren auch ganz sehenswert. All das reicht aber nicht aus um uns später ein zweites Mal in den Zwergstaat zu locken.
Ernüchtert und zurück in Ginesta stand nun noch das bekannte Weinanbaugebiet des Penédes auf dem Plan. Im Penédes werden nicht nur kräftige Rotweine angebaut, nein es ist auch die Heimat des Cavas. Namen wie «Freixenet» und «Codorniu» sind weltweit bekannt und die Gebäude dieser Kellereien sind von aussenwunderschön zum Ansehen. Leider konnten wir keine der Kellereien besichtigen, weil wir entweder zu spät, die letzte Führung bereits begonnen hatte, oder alle Räumlichkeiten für eine grössere Hochzeit gebucht wurden. So kehrten wir halt zurück zu Dschinni ohne einen Tropfen degustiert zu haben. Den Cava gefolgt vom regionalen Rotwein geniessen wir dafür in nettem Ambiente in einem Fischrestaurant (zugegebener Massen nicht ganz passend) in Ginesta.
Und dann war es soweit. Unser Boot strahlte in neuem Glanz, die Segel waren abgeschlagen und unter Deck verstaut. Was noch blieb war die kurze Fahrt zum Travellift welcher Dschinni für die kommenden 6 Monate an Land hievt.
Das Rausheben geht schnell und wenig später ist Dschinni fachgerecht aufgestellt und fast bereit den Winterschlaf anzutreten. Was noch fehlte war die Reinigung des Unterwassers. Gemäss Vertrag mit der Werft beinhaltet das „Wintering“ das Hinausheben und Hineinstellen des Bootes, 6 Monate an Land sowie das „Washing“. Wir warteten also gespannt wann sich jemand mit dem Hochdruckreiniger zeigen wird, um mit der Reinigung zu beginnen. Doch es regte sich nichts und irgendwie kam es uns spanisch vor, dass niemand Anstalten machte mit dem Putzen zu beginnen. Um sicher zu stellen, dass diese Arbeit auch tatsächlich noch ausgeführt wird, erkundigten wir uns vorsichtig und scheinheilig bei den Marineros. Sogleich stellte sich heraus, dass mit „Washing“ lediglich die Miete des Hochdruckreinigers gemeint war. Das eigentliche Reinigen hätten wir gefälligst selbst zu erledigen. Thomas ist verständlicherweise sauer. Einmal mehr würde es sich auszahlen, dass man die Sprache des Gastlandes besserbeherrscht…
Doch es hilft nichts, das Tenü muss nochmal gewechselt werden, und los geht die schweisstreibende Arbeit. 2 Stunden später ist Dschinni von sämtlichen Muscheln, Algen und sonstigen undefinierbaren Gegenständen befreit und Thomas kann seinen rechten Arm praktisch nicht mehr heben. Doch zum Anstossen mit Weisswein reicht es noch und ausserdem kennt wie schon erwähnt ein echter Seemann (oder war es Indianer?) keinen Schmerz. Die dringend nötige Dusche macht den Skipper wieder salonfähig und wir können uns nach einer kleinen Stärkung Richtung Barcelona aufmachen, wo wir unsere letzte Nachtverbringen wollen. Wir fanden eine schöne Tapasbar mit Blick auf den alten Hafen und genossen ein letztes leckeres Abendessen in Spanien bevor wir in unser Hotel zurückkehrten. Am nächsten Tag war es dann soweit: EasyJet Flug Nummer DS1074 brachte uns zurück nach Basel, in die Heimat.
Nun sind wir also wieder Zuhause und für einmal geniessen wir den Komfort unsere Erlebnisse an einemrichtigen Schreibtisch mit immer genügend geladenen Notebook Akkus schreiben zu können. Aber die Gedanken schweifen immer wieder weit ab. Wo waren wir vor einem Jahr? Ach ja in Gibraltar, und dort warteten wir bis endlich der richtige Zeitpunkt kommt um in den Atlantik zu gelangen. Und danach, und dann, und wie gings weiter? ….. doch so wird dieser Bericht natürlich nie fertig und überhaupt können auch wir das Erlebte ja auch gemütlich in den vorangegangenen Berichten nachlesen. Aber ein wenig Statistik darf es denn doch sein: in den vergangenen rund 12 Monaten liess Dschinni 8153 sm im Kielwasser, war während 141 Tagen auf See unterwegs und lief 11 verschiedene Länder an. All diese Angaben sind in unseren 4 Logbüchern zu finden, die immer mehr oder wenige gewissenhaft geführt wurden.
Wo war es am schönsten und was muss man unbedingt gesehen haben? Die Antwort ist sehr individuell und ist schwierig zu beantworten. Thomas hält immer noch die Fahne für die Grenadinen hoch, doch dahinter folgen bald die BVI’s, die Azoren und natürlich die unendliche Weite des Atlantiks. Patrizia schwärmt ebenfalls für die Grenadinen, verliebte sich in Dominica und findet die Azoren ganz bezaubernd. Im Nachhinein hat aber für sie auch definitiv die Überquerung des Atlantiks einen unwiderstehlichen Reiz.
Mit diesem 10. und (vorübergehend) letzten Bericht von unserer Reise um den Atlantik möchten wir uns von all den treuen Lesern (und diejenigen die es noch werden wollen) verabschieden. Dschinni liegt im Winterschlaf und wartet auf neue Abenteuer.
Wir sagen für einmal ganz einfach Tschau zämä bis zum nögschte mol
Patrizia + Thomas